Steuerrecht: zum Nachteil von Eltern und Kindern
Die Gleichberechtigung von unverheirateten bzw. geschiedenen mit verheirateten Elternpaaren liegt noch in weiter Ferne, zum Nachteil der Kinder.
Dazu müssten unverheiratete und getrennt lebende oder geschiedene Elternpaare genauso wie verheiratete Paare (und auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften) in den Genuss eines Steuerplittings kommen können, wenn sie dies wählen.
Denn 1/3 aller Kinder werden unehelich geboren. Die größte Gruppe der vom Ehegattensplitting Profitierenden aber sind laut Expertise des Familienministeriums Ehepartner ohne Kinder. Die Koppelung des Ehegattensplittings an den Status der Ehe hat also nichts mehr mit Kinderförderung zu tun, hätte es aber sehr wohl, wenn auch ein Elternpaarsplitting möglich wäre.
Bestandteil einer gesetzlichen Öffnung des Ehegattensplittings weg von der „Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft“ hin zur (ehelichen oder nicht ehelichen) Familie mit Kindern könnte sein, dass der Splittinggewinn hälftig beiden Eltern zugute kommt, am besten, ohne dass diese darüber kommunizieren müssen. Denn die getrennt lebenden Elternpaare sind oft zerstritten.
Der Splittinggewinn könnte dann bei Trennungseltern für die Kinder vom Finanzamt leicht automatisiert errechnet werden.
Im Fall einer Eltern-Konstellation Gutverdiener / Geringverdiener könnte die Steuerersparnis durch Splitting durchaus bis zu 4000€ netto jährlich betragen, der auch den Kindern zugute kommen könnte. Statt in den Genuss einer Ersparnis zugunsten der Kinder zu kommen werden aber getrennt lebende oder geschiedene Eltern z.T. mit dem höchsten Steuersatz für Normalverdiener von 42% veranlagt.
Mit diesem hohen Steuersatz muss ein Trennungselternteil wie ein Single die Verluste ausgleichen, die der Staat durch den Splittinggewinn kinderloser Ehepaare erfährt.
Das bedeutet: getrennt lebende Eltern finanzieren derzeit kinderlose Ehepaare.
Damit sind getrennt lebende Eltern und deren Kinder gegenüber Ehepartnern deutlich benachteiligt, und darin ist ein Verstoß gegen §6, Abs.1 GG (der die Unterstützung von Ehe und Familie fordert) zu sehen, ebenso einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, was die Förderung von ehelichen und nicht ehelichen Kindern betrifft. Selbst einen Verstoß gegen das Splitting-Gesetz selbst könnte man hier vermuten. Denn die Intention des Gesetzes 1958 war sicher mindestens ebenso der Schutz von Kindern wie der von Ehefrauen.
Bei heute 1/3 unehelich geborenen Kindern und 1/3 geschiedenen Ehen ist also klar, dass Familien mit Kindern durch das derzeit geltende Splitting-Gesetz nicht mehr ausreichend geschützt sind.
Die daher von vielen Gruppierungen (DPWV, Verband Alleinerziehender, Grüne und viele andere Sozialverbände) anvisierte Abschaffung des Splittings zugunsten der Individualbesteuerung ist zwar zu Recht gegen das konservative, Familienmodell gerichtet. Sie berücksichtigt aber nicht die Tatsache, dass in der Mittelschicht nun einmal sehr unterschiedlich viel verdient wird. Dies würde sich ja nicht dadurch ändern, dass das Ehegatten-Splitting wegfällt.
Man kann daher diskutieren, ob die Abschaffung des Ehegatten-Splittings tatsächlich weiter führt. Zunächst würde sie Verluste für gut, aber sehr unterschiedlich viel verdienende Ehepaare mit sich bringen. Denn ein dann folgender höherer Steuerfreibetrag kann gar nicht so hoch sein, dass ein ähnlich starker Effekt für die Familienförderung zu erzielen wäre, wie ihn das Ehegattensplitting bietet. Zumal bei einer Trennung der Freibetrag immer geteilt wird, so dass ein „Besserverdienender“ dann nur noch die Hälfte nutzen kann.
Erst wenn das Ehegatten-Splitting gleichermaßen unverheirateten Elternpaaren zur Verfügung steht (wie in Frankreich das Familiensplitting, das neben dem Ehesplitting existiert), wird sich zeigen, ob seine Abschaffung wirklich so sinnvoll ist.
Elternsplitting fördert direkt die Geburtenrate
Denn die Folge könnte auch sein, dass in Deutschland wo die Geburtenrate besonders niedrig ist, dann mit weniger Angst Kinder gezeugt werden, weil das Familienprojekt finanziell nicht mehr so sehr von einer funktionierenden ehelichen Lebens- und Versorgungsgemeinschaft abhängt und sein Scheitern mit nicht ganz so hohen finanziellen Risiken wie heute verbunden ist.
Eine Ausdehnung des Ehegattensplittings auf alle Elternpaare hätte zudem eine förderliche Wirkung auf die Kommunikation getrennt lebender Elternpartner. Endlich gäbe es mal etwas Positives zu besprechen, nämlich einen zu erwartenden Gewinn für beide. Auch hat dann der geringer Verdienende endlich ein Interesse am besseren Verdienst des Anderen, statt ihm diesen zu missgönnen und ihm sogar vorzuhalten, er würde sich nur vor der Erziehungsarbeit drücken.
Die Einrichtung eines Elternpaarsplittings ist gerade wegen der neuen Sorgerechtssituation ein aktuelles Thema. Denn in Zukunft werden Kinder ihren emotionalen Bindungswünschen entsprechend öfter gleichermaßen bei Mutter und Vater leben. Das heißt, der Kindesunterhalt fällt weg, wenn das Unterhaltsrecht so bleibt wie es ist, was zur Verarmung von manchen bisher „Alleinerziehenden“ führen könnte.
Auch Vater Staat könnte dann am Elternsplitting interessiert sein, vorausgesetzt, dass die gesetzliche Regelung sinnvoller Weise beinhaltet, dass der Splitting-Gewinn beiden Partnern hälftig zugute kommt. Denn lebt ein Elternteil von der ARGE, flösse dessen hälftiger Splitting-Gewinn als Einnahme dem Staat zurück. Auch stiegen die Beiträge der vom Splitting profitierenden bisherigen „Alleinerziehenden“ zu OGTS und Kitas.
Dass der Besserverdienende, der sich ja meist auch nach einer Trennung intensiv und kostenintensiv um seine Kinder kümmert, bei allen steigenden Kosten vom Finanzamt geschröpft wird wie ein Single, ist angesichts der Normalität von Familientrennung eine unzeitgemäße Ungerechtigkeit, die sowohl gegen Art. 6 GG als auch gegen Art. 14 der EGMR verstößt.
Wenn es also schon nicht - aus Gründen von Parteiinteressen, aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen, wie angesehene Juristen wie die Richterin am Bundesfinanzhof Prof. M. Jachmann einschätzen - um die Abschaffung des Ehegatten- Splittings gehen kann, geht es um dessen Anpassung an die gesellschaftliche Realität im Sinne des französischen Familiensplittings.
Auch unverheirateten und geschiedenen Elternteilen muss es möglich sein mit dem Erwerbseinkommen die Familie zu versorgen und ein menschenwürdiges, leistungsgerechtes Leben zu führen.