Du hast am 06.05.2021 vor dem Bundesgerichtshof das wichtige Urteil zu III ZR 72/20 erstritten. Dafür gebührt Dir der größte Respekt. Wie jeder wissen kann, war der Weg dahin extrem hart und die Geschichte dahinter mit immenser Verzweiflung, Wut und Fassungslosigkeit gepflastert. Du hast nicht nur, wie so viele, ein kafkaeskes Gerichtsverfahren bestreiten müssen, sondern auch erfahren müssen, dass der Beschluss eines Familiengerichtes oftmals das Papier nicht wert ist.
Du musst ziemlich stark sein, denn sonst hättest Du diese massive psychische Belastung nicht durchgestanden, sondern dem Wunsch der Gerichte entsprechend aufgegeben. Außerdem musst Du mutig und nicht ganz auf den Kopf gefallen sein, denn Du hast Dich nicht nur getraut, während des laufenden Umgangsverfahrens gegen den zuständigen Richter vorzugehen, indem Du eine Beschleunigungsrüge und -beschwerde nach §§ 155b und c FamFG eingelegt hast - natürlich hatte man Dich gewarnt, dass der Richter dann erst recht langsamer arbeiten wird - nein, Du hast beim OLG Koblenz (Urteil vom 24.11.2017 - nicht veröffentlicht) sogar Recht bekommen.
Bei uns im VAfK (Bündnis von Müttern und Vätern) sammeln sich viele Betroffene wie Du, auch Mütter. Manche davon sind auch genauso hartnäckig.
Trotz aller Sonntagsreden über "Kinderrechte ins Grundgesetz" erlässt der Gesetzgeber, wenn er im Schnitt einmal pro Jahr durch eine extrem aufwendig erstrittene Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dazu gezwungen wird, regelmäßig Gesetze, die zwar dem Anschein nach weiteren ähnlichen Menschenrechtsverletzungen vorbeugen, aber in der Praxis wenig (z.B. die Verzögerungsrüge) oder nur das absolute Minimum ändern ( z.B. gemeinsame elterliche Sorge Unverheirateter). So war es auch bei der EGMR-Entscheidung Sürmeli gegen Deutschland in dessen Folge § 198 GVG eingeführt wurde.
Da Menschen- und Kinderrechte keine starke Lobby haben, Juristen aber durchaus, hat die damalige Regierung (Schwarz-Rot) in Absatz 4 von § 198 GVG eine pauschale Entschädigung von 1200 € für jedes Jahr einer nachgewiesenen Menschenrechtsverletzung (nichts anderes ist die Verweigerung von Rechtsschutz durch unvertretbare Verfahrensverzögerung) gesetzlich festgelegt.
Was bedeutet das?
Zunächst ist es ein Schlag ins Gesicht für die Betroffenen, denn eine Entschädigung von 1200 € ist lächerlich niedrig. Zwar kann kein Betrag der Welt eine Menschenrechtsverletzung, schon gar nicht den Verlust eines Kindes, wieder gut machen, aber 1200 € pro Jahr veranlassen auch keinen Verantwortlichen dazu, schneller zu arbeiten oder entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit überhaupt erst keine Verzögerung entsteht. Deswegen hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 15.01.2015 (Kuppinger II) die Bundesrepublik erneut zu einer Änderung ihrer menschenrechtswidrigen Gesetzeslage gezwungen, wodurch die §§ 155b und 155c FamFG entstanden sind.
Es bedeutet aber auch, dass man keinen Anwalt findet, der so ein Verfahren für die gesetzlichen Gebühren (ca. 400 € all inclusiv, Einarbeiten, Klageschrift, Terminsgebühr, MwSt., Briefpapier, alles) machen will, zumal ein überlanges Verfahren auch ein sehr umfangreiches und damit zeitintensives sein dürfte. Daraus wiederum folgt, dass es kaum Anwälte gibt, die sich mit Entschädigungsklagen nach § 198 GVG auskennen. Der Gesetzgeber hat sich also, um die innerstaatliche Klage auf eine Entschädigung einer Menschenrechtsverletzung so unattraktiv wie möglich zu machen, dreifach abgesichert.
Hier kommt nun Dein Erfolg vor dem BGH ins Spiel, den Du Dir mit sage und schreibe vier (!) positiven BGH-Entscheidungen erkämpfen musstet. Dank Dir hat der BGH nämlich zwei Dinge klargestellt: